Eine rezeptionsästhetische Untersuchung
Hrsg. Martin Henatsch
Das große Interesse am Plakat der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert beruht zumeist auf seinem hohen ästhetischen Reiz sowie seinem Dokumentcharakter als Spiegel vielfältiger sozialhistorischer Tendenzen. Darüber hinaus äußert soich jedoch im künstlerisch gestalteten Plakat dieser Zeit ein ästhetischer Wertewandel grundsätzlichher Art, dessen Grundlagen in der philosophischen und künstlerischen Auseinandersetzung um das Verhältnis des Kunstwerks zum Betrachter liegen. Dieser Diskurs reicht in vielfältigen Auseinandersetzungen von autonomieästhetischen Entwürfen des endenden 18. Jahrhunderts bis zur kunsterzieherischen ‚Kunst für Alle‘-Bewegung des beginnenden 20. Jahrhunderts. Er bildet die theoretische Basis für diese rezeptionsäthetisch vorgehende Untersuchung des Plakates. Ausgangspunkt ist die These, dass das bewusste Einbeziehen der Betrachterinstanz in die bildnerische Sprache für die Entstehung des künstlerischen Plakates konstitutiv war. Das Erkenntnisinteresse des Buches (Dissertationsschrift von Dr. Martin Henatsch) gilt daher den bildnerischen Mitteln, mit denen das Plakat den Rezeptionsakt vorstrukturiert. Hierzu werden zahlreiche Einzelanalysen vorgenommen, aus denen sich grundsätzliche Kategorien eines Betrachter-Werk-Verhältnisses gewinnen lassen. Sie erlauben einen neuen Blick auf die Geschichte des Plakates. Die rezeptionsästhetische Fragestellung wird zwar am Plakatmatearial erörtert, jedoch auf künstlerische Entwicklungen rückbezogen, die dem Plakat vorausgegangen sind. Sie liefert damit über ihr Untersuchungsfeld hinausgehende Anregungen für einen betrachterorientierten Interpretationsansatz in der Kunstwissenschaft. (304 S.)