Es lebe die Krise

Einladung Muthesius Preisträger Kunst 2014Es lebe die Krise. Jimok Choi
Studio 18, Heiko Wommelsdorf,
Muthesius Preis­träger Kunst 2014
Galerie im Marstall Ahrensburg
Kurator: Dr. Martin Henatsch

Dass wir in einer Krise leben, dass die alten Struk­turen so nicht mehr tragen können, dies ahnen wohl alle – sei es mit einem Blick auf die Finanzwelt, die Demografie oder den Umgang mit den Ressourcen unserer Welt. Vor lauter Krisen können wir uns kaum mehr retten: Euro-Krise, Griechenland-Krise, Renten-Krise, Umwelt-Krise etc. etc. In Georg Büchners Dantons Tod (1835) hieß es noch „Es lebe der König!“ und bei diesem monar­chis­ti­schen Imperativ war der Satz „Der König ist tot. Es lebe der König.“ zugleich mitge­dacht. Nun also prokla­miert der Titel dieser Ausstellung, mit der erstmalig die drei ersten Preis­träger der Muthesius Preis-Ausstellung des Jahres 2014 – ein biennal in der Kunst­halle zu Kiel präsen­tierter Kunst­wett­bewerb der Muthesius Gesell­schaft – in einer Einzel­aus­stellung geehrt werden, mit der Beschwö­rungs­formel das Fortleben der Krise: „Die Krise ist tot. Es lebe die Krise!“? Ohne Krise – so scheint es – können wir nicht mehr existieren. So wenig Hoffnung auf positive Verän­derung unserer Welt, dass wir zumindest die Illusion einer Krise benötigen, an der wir uns abarbeiten können?

Jimok Choi, Studio 18 (im Kern das Dreige­spann aus Jakob Grebert, An Jihae und Yeongbin Lee) sowie Heiko Wommelsdorf reagieren ganz unteschiedlich, in ihrer jewei­ligen Sprache auf dieses gemeinsam erdachte Motto. Der Muthesius Preis­träger JImok Choi, indem er über die Bedeutung des Bildfensters in der Kunst nachdenkt und dabei immer wieder den Rahmen zum Inhalt erklärt; Studio 18 mit einer Fiktion, die  ihre eigene Geschichte als revolu­tionäre Märtyrer rückbli­ckend aus dem Jahr 1935 schreibt. Sie halten ihre Betrachter dabei in provo­zie­render Ungewissheit, ob es sich um naiv handge­strickten Revolu­tions-Pathos oder um das ironisch subversiv gewendete Bild einer als illusi­onslos empfun­denen Gegenwart handelt; Und schließlich der minima­lis­tisch agierende Klang­künstler Heiko Wommelsdorf, der beiläufige, manchmal als störend empfun­denen Phäno­menen zu Protago­nisten der Kunst erklärt: so z. B. jene tickenden Thermo­hy­gro­graphen, die sonst verschämt in den Ecken musealer Räume stehen, um Tempe­ratur und Luftfeuch­tigkeit zu erfassen. Manchmal sind es schon winzige Ausschläge, die zu Indizien für verän­derte atmosphä­rische und akustische Bedin­gungen werden – und damit Seismo­gramme auch für krisen­hafte Veränderungen.

Die jungen Künstler stellen sich den ausge­ru­fenen Krisen, indem sie unsere Erwar­tungen an das Reper­toire der Kunst durch­kreuzen – mit einer Fröhlichkeit, die anste­ckend und letztlich hoffnungs­stiftend ist. So macht sogar die Krise Spaß!

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