Firewall

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Kunst­halle Münster
Kuratoren: Dr. Martin Henatsch, Dr. Gail Kirkpatrick

Unter einer Firewall (wörtlich Brand­schutz­mauer) wird eine Sicher­heits­schwelle zwischen Computer-Netzen verstanden, die fremde Eingriffe abwehren soll. Eine Firewall ist die einzige Möglichkeit, Unbefugten Zutritt zu den eigenen Daten zu verwehren, eine digitale Tresortür, die vor Diebstahl, Manipu­lation und Spionage schützen soll. Dies klingt in unserer compu­ter­ge­wöhnten Welt inzwi­schen so selbst­ver­ständlich, dass dabei das zugrun­de­lie­gende Bild einer Feuerwand aus dem Blick verloren gehen könnte; verbindet der Begriff „Firewall“ doch zwei ganz gegen­sätz­liche Welten: die archaische Urängste freiset­zende Vorstellung einer alles Materie­hafte verzeh­renden Flammenwand und die nahezu ohne physische Materia­lität auskom­mende, sich uns vollkommen abstrakt darstel­lende digitale Schutz­vor­richtung compu­te­ri­sierter Kommu­ni­ka­ti­ons­systeme.Das Ausstel­lungs­projekt Firewall – Eröff­nungs­aus­stellung der neuen Kunst­halle Münster – griff beide Aspekte auf: Faszi­nation und Angst vor der Übermacht einer physi­schen Gewalt ebenso wie – angesichts der noch immer viel zu wenig bekannten Kehrseite des globalen und grenzen­losen Daten­ver­kehrs per Internet, Handy oder E-Mail – vor der schlei­chenden, weil unsichtbar und abstrakt bleibenden Bedrohung durch elektro­nische Spionage, dem zuneh­menden Verlust an Privat­sphäre. Nahezu unbeachtet von der noch immer unter „Medien-Euphorie“ stehenden Öffentlichkeit disku­tierten Experten bereits vor 10 Jahren längst die neue Heraus­forde- rung, die gigan­tische Lausch­systeme für die Freiheit unserer Gesell­schaft bedeuten. Zweifel an dem täglichen Einsatz flächen­de­ckender Abhör-systeme mit denen, zum Teil unter dem Druck terro­ris­ti­scher Anschläge, auch ein Großteil privater Telefonate und E-Mails syste­ma­tisch abgefangen werden, waren schon 2004 – lange vor Snowden – kaum noch möglich.

Ein gutes Jahrzehnt nach Ende des kalten Krieges hatte das Thema Spionage bereits erneut an Brisanz gewonnen, aber unter verän­derten Bedin­gungen. Nicht mehr die direkte Mann zu Mann-Obser­vierung, wie sie beispiels­weise der Filmklas­siker „The third man“ 1949 meisterhaft ins Bild setzte, stand im Vorder­grund; weniger das helden­hafte und genre­bil­dende Einschleusen von Spionen, das direkte Beschatten, die heimliche Konspi­ration führte an die Quellen geheimer Daten. „Big brother without a cause?“ titelte BBC News am 6. Juli 2001 einen Bericht über das satel­li­ten­ge­stütze Abhör­system Echolon. Millionen von Daten, Telefo­naten oder E-Mails können mit diesem ursprünglich der angolame­ri­ka­ni­schen Kontrolle militä­ri­scher Aktivi­täten des Ostblocks dienenden Lausch­system gefiltert und kontrol­liert werden: anonym, unbemerkt und unter weitge­hender Ahnungs­lo­sigkeit Abertau­sender von poten­ziell Betrof­fener; ein unüber­schau­bares Inter­es­sens­ge­flecht, das – selbst angesichts terro­ris­ti­scher Gefah­ren­po­ten­ziale – weitgehend ohne klare Fronten bleibt. Sicherheit und Anspruch auf Unantast­barkeit von Privatheit bzw. freier unkon­trol­lierter Meinungs­äu­ßerung gerieten in einen schwer auflös­baren Wider­spruch. „Der Bürger wird rundum überwacht – und findet nichts dabei“, so hieß es auf der Titel­seite der ZEIT vom 31. Juli 2003: „Nicht der Große Bruder beobachtet uns, sondern viele kleine Brüder“, statt eines Überwa­chungs­staates bringe uns die Überwa­chungs­ge­sell­schaft dazu, den Verlust an überwa­chungs­freien Schutz­räumen als Frucht eigener Überzeugung anzusehen.

Teilneh­mende Künstler

Jonas Dahlberg · Andreas Köpnick · Julie Mehretu · Aernout Mik · Julia Scher · Markus Vater · Magnus Wallin · Johannes Wohnseifer

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